Zwischenbilanz nach einem halben Jahr Grabungen in Barkhausen / Zelthering weist auf vorübergehende Nutzung hin
Mindener Tageblatt 06.01.2009
von Ursula Koch
Porta Westfalica (mt). Das Sommerlager des Varus ist es wohl nicht, was Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Barkhausen am Ufer der Weser gefunden haben. Diese erste optimistische Einschätzung aus dem Sommer rücken die Historiker nach einem halben Jahr Ausgrabungen zurecht.
„Barkhausen ist ein wunderbarer Fundplatz zum Varus-Jahr. Eine der zahlreichen römischen Truppen ist hier vorbeigekommen und hat sich hier kurze Zeit aufgehalten“, sagte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale gestern am Fundort. Die Funde aus Barkhausen gehörten aber mit „sehr großer Wahrscheinlichkeit“ zu einem Militärlager, das die Römer während der augusteischen Eroberungskriege in Germanien errichtet haben. „Ob das Varusheer dabei tatsächlicher hier Halt machte, können wir bisher nicht beweisen“, sagte Rüschoff-Thale.
Die Okkupation Germaniens durch Truppen des römischen Kaisers Augustus habe etwa 30 Jahre gedauert, von 11 vor Christus bis in das Jahr 16 nach Christus, erläutert Dr. Bettina Tremmel, LWL-Expertin für römische Archäologie. In Barkhausen seien insgesamt sechs Münzen gefunden worden, die genau diesen Zeitraum abdecken.
In dieser Periode seien immer wieder große Heereszüge mit 20 000 bis 70 000 Soldaten von Rhein und Lippe in Richtung Elbe zu Eroberungszügen unterwegs gewesen. Zum Übernachten hätten sie grundsätzlich Marschlager angelegt. Solche Lager, das wisse man von anderen Fundorten, seien 20 bis 50 Hektar groß gewesen, umgeben von einem Spitzgraben und einem Wall. Das unbebaute Areal in Barkhausen, das die Archäologen in zwei Jahren insgesamt untersuchen können, betrage allerdings nur zwei Hektar Fläche.
Lager immer wieder für kurze Zeit genutzt
Weil auf dem Gelände bislang keine Spuren von festen Gebäuden entdeckt wurden und eine eher geringe Anzahl von Funden gemacht wurde, sei davon auszugehen, dass römische Truppen in augusteischer Zeit in Barkhausen zwar wiederholt, aber immer nur für kurze Zeit Station machten. Für diese These spricht der Fund eines eisernen Zeltherings.
„Solche Zeltheringe haben in dieser Zeit nur die Römer benutzt“, betont Tremmel. Jeweils acht Soldaten hätten in einem Lederzelt übernachtet und auch selbst für ihre Mahlzeiten gesorgt. Dazu passt wiederum das Fragment eines Mühlsteins, den die Archäologen bereits im Sommer mit den ersten metallenen Fundstücken präsentiert hatten. Die Suche nach dem Graben ist bislang ergebnislos verlaufen. „Die unbebaute Fläche ist relativ klein, vielleicht befinden wir uns hier mitten in dem ehemaligen Lager“, meint Tremmel.
Insgesamt wurden in Barkhausen 20 römische Objekte entdeckt, darunter sieben Bronze- und Silbermünzen, Gewandspangen, der Zelthering, Bleilote, eiserne Sandalennägel und das Fragment eines Mühlsteins, wie er bei den römischen Truppen gebräuchlich war. Zudem seien die Grabungshelfer auf vier flache, längliche Gruben gestoßen, die verziegelten Lehm und Holzkohlestückchen enthielten. Sie werden derzeit in Erlangen zwecks genauer Datierung untersucht. Die Formen der Gruben besäßen starke Ähnlichkeit mit römischen Backöfen in den römischen Lagern an der Lippe, erläutert Tremmel.
Am 15. Dezember begann für das Grabungsteam in Barkhausen die Winterpause. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Archäologen und die Grabungshelfer, die vom Kreis Minden-Lübbecke (proArbeit) und Mindener Initiative für Arbeit und Schule bezahlt werden, 5000 Quadratmeter Fläche im Baugebiet „Auf der Lake“ untersucht. Im März sollen die Arbeiten wieder aufgenommen werden. „Unsere Grabungen verzögern die Bauarbeiten ein wenig, verhindern sie aber nicht“, betont Grabungsleiter Dr. Daniel Bérenger. „Wir suchen immer gemeinsam mit den Bauherren nach Lösungen, damit alle etwas davon haben“, ergänzt Barbara Rüschoff-Thale.
„Endlich mal wieder in einem Bauwagen. Das ist wie nach Hause zu kommen“, freut sich die Kulturdezernentin, die ihre Laufbahn beim Landschaftsverband als Archäologin begann, an diesem kalten Wintertag. Das sei das richtige Wetter, um „Funde zu waschen“.