Westfalenblatt vom 14.01.09
Von Ernst-Wilhelm P a p e
Bielefeld (WB). Es sei mit absoluter Sicherheit auszuschließen, dass die legendäre Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus in Kalkriese bei Osnabrück stattgefunden hat. Das hat gestern Abend in der Universität Bielefeld im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Aktuelle Forschungsprobleme der Alten Geschichte« Dr. Peter Kehne, Althistoriker der Universität Hannover, erklärt. Die genaue Analyse von Berichten der antiken Schriftsteller Cassius Dio und Tacitus ließen keinen anderen Schluss zu, sagte Kehne.
Das in Kalkriese ausgegrabene Schlachtfeld müsse in die Zeit 15 bis 16 nach Christus eingeordnet werden. Die Römer hätten hier bei Rachefeldzügen unter Germanicus ein Lager aufgeschlagen und auch befestigt. Seit der Ausgrabungen in Kalkriese, die seit 1989 andauern, wird über den Ort der Varusschlacht gestritten. Seit dem Jahr 1875 erinnert bereits das Hermannsdenkmal im Detmold an die Schlacht im Teutoburger Wald. In dieser Schlacht wurden die Römer von den Germanen in einen Hinterhalt gelockt und vernichtend geschlagen. Mit dieser Niederlage scheiterte die Eroberung Germaniens und seine Eingliederung in das römische Weltreich. In diesem Jahr wird vom 15. Mai bis 25. Oktober in Kalkriese, Detmold und im Römermuseum Haltern mit zahlreichen Veranstaltungen an 2000 Jahre Varusschlacht erinnert. Weder Münzen noch andere Fundstücke, die bisher in Kalkriese ausgegraben wurden, hätten einen Beweis für die Varusschlacht erbracht, sagte Kehne. Zudem hätte Varus vor 2000 Jahren von seinem Lager an der Weser eine Strecke nach Kalkriese während eines viertägigen Gefechtes nicht zurück legen können. Die zudem am sogenannten Wall in Kalkriese entdeckten Spitzgräben hätten in Verbindung mit römischer Militärpräsenz als römische Anlagen zu gelten, was auch die These eines durch Befestigungen vorbereiteten germanischen Hinterhalts widerlege. Außerdem weise eine Ritzeinschrift auf dem Mundblech einer Schwertscheide auf die Anwesenheit der unter Germanicus dienenden 1. Legion in Kalkriese hin, betonte Dr. Peter Kehne. Selbst Befürworter der Kalkriese-These hätten inzwischen eingeräumt, dass einige Befunde nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit Kampfhandlungen stehen würden. Die räumliche Ausdehnung des Kampfplatzes Kalkriese wäre damit weit geringer als angenommen und eine sich kilometerlang hinziehende Schlacht archäologisch nicht beweisbar.