von Christian Hinder
Nachdem Kalkriese in der Öffentlichkeit unter Druck geraten ist und es erhebliche Zweifel an der dort erhobenen These gibt, Kalkriese sei der „Ort Varusschlacht“, glaubt man dort nun auf ein weiteres entscheidendes Indiz gestoßen zu sein, was die eigene These stützen soll: die Funde von sterblichen Überresten die man dort bei Grabungen gefunden hat. Sogleich haut man die nächste Presseerklärung heraus. (http://www.hna.de/niedersachsensolo/00_20080801182728_Ein_Puzzle_aus_Knochen.html)
Ein Puzzle aus Knochen
Die Göttingerin Birgit Großkopf untersucht menschliche Überreste, die von der Varusschlacht erzählen sollen
Von Philipp Seibt
GÖTTINGEN. In dem Schädel klafft ein faustgroßes Loch. Noch 2000 Jahre nach der Varusschlacht ist zu sehen, mit welcher Wucht der Angreifer zugeschlagen haben muss. Dieser Fund ist einer der Schätze der Göttinger Anthropologin Birgit Großkopf. Doch solche Glücksfälle sind selten.
Der Alltag steht daneben, in Form einer grauen Pappkiste. Darin stapeln sich kleine Plastikboxen, die menschliche Überreste enthalten: Zähne, Knochensplitter und ganze Knochenteile. Die Stücke stammen von den Ausgrabungen in Kalkriese nördlich von Osnabrück. Dort sollen die Germanen vor 2000 Jahren in der legendären Varusschlacht die Römer besiegt haben. Sicher ist das nicht, denn der Ort der Schlacht ist durch keine historische Quelle eindeutig beschrieben. Die menschlichen Knochen sollen helfen, das Rätsel zu lösen.
Skelett als Vorlage
Auf einem großen Holztisch in Großkopfs Labor liegen kreuz und quer intakte Knochen: Schulterblätter, Oberschenkel, Unterarme, ein komplettes Skelett eben. Die Luft riecht süßlich. Das seien aber nicht die Knochen, sagt die Anthropologin. „Früher waren hier Affen untergebracht. Der Geruch geht einfach nicht wieder raus.“
Behutsam nimmt sie das Knochenstück mit der Fund- Nummer 18080-35 aus der Pappkiste. Bei ihrer Analyse geht sie systematisch vor. Zunächst muss sie feststellen, ob es sich überhaupt um einen Menschenknochen handelt. Ab und zu landen nämlich auch die Fragmente eines Pferdeknochens auf ihrem Tisch.
Als Nächstes versucht die Anthropologin herauszufinden, zu welchem Knochen das Fundstück gehört. Im Fall von 18080-35 braucht sie nicht lange zu überlegen. „Das ist der untere Teil eines Oberarmknochens“, sagt sie. Manchmal dauere es aber auch länger, ein Knochenstück richtig einzuordnen.
Ihre Arbeit ist ein großes Puzzle. Die Vorlage ist das intakte Skelett auf dem Holztisch. Damit vergleicht sie die Knochenfunde, dreht und wendet die Stücke solange, bis sie aus über 200 menschlichen Knochen den richtigen gefunden hat. Seit acht Jahren bearbeitet Großkopf die Knochen aus Kalkriese, unzählige Funde hat sie seither untersucht.
Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kalkriese tatsächlich der Ort der Varusschlacht ist. Zum einen stamme der Großteil der gefundenen Knochen von Männern, die zwischen 20 und 45 Jahre alt waren. Diese hätten kaum Krankheiten gehabt und seien gut trainiert gewesen. „Eine solche Zusammensetzung ist typisch für eine römische Legion“, erklärt Großkopf. „Zum anderen haben die Knochen jahrelang an der Oberfläche gelegen, bevor die Römer sie begraben haben.“ Auch dies entspreche den historischen Überlieferungen. Das Ende ihrer Arbeit an der Varusschlacht kann Birgit Großkopf nicht absehen. Immer wieder finden die Archäologen neue Knochen. Ihr Puzzle hat noch viele Teile. (lni)
Unterstützung sucht man sich seitens der Uni Göttingen, gleichfalls im Land Niedersachsen gelegen und erfährt diese seitens der Göttinger Anthropologin Birgit Großkopf und startet eine erneute Öffentlichkeitskampagne. Aber was ist wirklich dran an der neuen Knochen-These? Eine Datierung von Knochenfunden auf ein Jahr, geschweige denn auf ein Ereignis ist wissenschaftlich nicht möglich, und es wäre unseriös, da nicht haltbar. Trotzdem versucht man der Öffentlichkeit erneut weiss zu machen, dass die Knochenfunde in Zusammenhang mit der Schlacht stehen. Sollen untersuchte Deformationen an den Knochen doch die These einer Varusschlacht stützen. Lediglich ein Zeithorizont lässt sich wage bestimmen. Da wir aber aus den überlieferten antiken Schriften wissen, daß es in einem Zeithorizont von allein sieben Jahren (9 – 16 nCh) wiederholt zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Legionen Roms und den germanischen Stämmen unter Führung des Arminius kam, ist es geradezu abenteuerlich anzunehmen, daß die Knochen der Varusschlacht zuzuordnen seien. Von weiteren Auseinandersetzungen in einem weiteren Zeithorizont von siebzig Jahren ganz abgesehen.
Die Situation, die sich den Wissenschaftlern vor Ort in Kalkriese bietet bleibt weiterhin völlig ungeklärt – man weiss wissenschaftlich gesichert noch nicht einmal, ob es sich dort überhaupt um ein Schlacht-Szenario handelt. Viel zu früh hat man sich dort auf eine Fiktion festgelegt und versucht der Öffentlichkeit eine Illusion als wissenschaftliche Tatsache zu verkaufen. Mindestens 12 Millionen EUR sind für diese Phantasterei bislang an öffentlichen Geldern (EU und Land) nach Kalkriese geflossen und alle machen mit… Einmal wie immer besteht eine unheilvolle Allianz aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. So macht sich die Wissenschaft zum Büttel der Wirtschaftsförderung einer strukturschwachen Region und lässt sich vor ihren Karren spannen. Geld und die Aussicht auf Posten und Karrieren macht sie alle gefügig. Auf der Strecke bleibt die Wissenschaft, die unter solchen Bedingungen nicht frei arbeiten kann.
Angemerkt sei ferner, daß Rom seine Feldzüge immer und ausschließlich in der hellen Jahreszeit führte. In allen Jahrhunderten der römischen Kriegsführung. Man hat bei Kalkriese Knochen gefunden – nicht mehr und nicht weniger. Alles Weitere ist eine unwissenschaftliche Spekulation, wie die eines Hobbyarchäologen. Nur, wenn der so etwas behauptet, dann hat seine Aussage kein Gewicht und macht sich wohl eher zum Gespött.
Getreu dem Motto, das Halbwahrheiten und gezielte Desinformation es auf Dauer schon richten werden – sollen die anderen doch das Gegenteil beweisen. Dies ist ganz offensichtlich das Verständnis wissenschaftlicher Arbeit in Kalkriese und die Vorgehensweise in der Öffentlichkeitsarbeit. Die eigene Selbstwahrnehmung lässt dort wohl keine andere Vorgehensweise zu. Zu sehr ist der Ruf von Kalkriese angeschlagen, so daß man dort ganz offensichtlich nichts mehr zu verlieren hat. Getreu dem Motto: ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich völlig ungeniert.
So kennt man es leider seitens Kalkriese von Beginn an und so hat man dort die Strategie „pro Varusschlacht“ aufgebaut und zieht sie bis heute durch. Der verzweifelte Versuch die Knochenfunde der Varusschlacht zuordnen zu wollen ist also ein neuer, wohl bekannter Schachzug. Münchhausen bekäm wohl rote Ohren, angesichts solch dreister „Indizien“.