Römisches Militärlager an der Lippe entdeckt – LWL-Film dokumentiert erste Grabungsarbeiten

Olfen/Münster (lwl). Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben im Münsterland bei Olfen (Kreis Coesfeld) ein über fünf Hektar großes, 2.000 Jahre altes römisches Militärlager entdeckt. Vom Lager aus kontrollierten die Römer in der Zeit von 11 bis 7 vor Christus den Fluss-Übergang über die Lippe – und damit eine der wichtigsten logistischen Landmarken der römischen Eroberer.

Luftbild

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Die Archäologen fanden Keramik, Münzen, Gewandspangen und wiesen einen Graben rund um das Lager sowie eine Holzmauer nach, die rund 1.000 Legionäre auf einer Fläche von sieben Fußballfeldern vor Angriffen schützen konnte. Das letzte Mal war im Jahr 1968 ein fest ausgebautes, winterfestes Römerlager in Anreppen an der Lippe entdeckt worden.

„Es ist der Sensationsfund für die Römerforschung in Westfalen“, freut sich LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch. „Dieses Römerlager suchen die Archäologen seit mehr als 100 Jahren, es ist das fehlende Glied in der Kette römischen Militärlager an der Lippe.“ LWL- Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind: „Olfen war für die Legionäre während der Drusus-Feldzüge in Germanien strategisch von größter Bedeutung.“

Jahrzehntelange Schnitzeljagd

Die Suche nach dem Olfener Lager erinnert an eine jahrzehntelange Schnitzeljagd, die eigentlich am Ende des 19. Jahrhundert beginnt: In der Lippe bei Olfen wurde schon um 1890 ein römischer Bronze-Militärhelm entdeckt, der sich heute im LWL-Römermuseum in Haltern befindet. Dieser erste Hinweis ließ die Altertumswissenschaftler aufhorchen – denn sie suchten Römerlager entlang der Lippe.

2011 endlich entdeckten ehrenamtliche Mitarbeiter der LWL-Archäologie für Westfalen bei Suchgängen auf einem Acker bei Olfen römische Keramikscherben und lösten damit ein „Maßnahmen-Paket“ der LWL-Archäologen aus. Luftbildarchäologen der Ruhr-Universität Bochum machten Aufnahmen des Geländes aus einigen hundert Metern Höhe, um anhand von Veränderungen am Boden Hinweise auf eventuelle Baustrukturen unter der Erde zu erhalten.

Ein Suchschnitt von 13 Metern Länge und 2,5 Metern Tiefe wurde angelegt. Die Wissenschaftler forschten mit der sogenannten magnetischen Prospektion nach Magnetfeldstörungen, die auf Bodeneingriffe hindeuten können. Sondengänger, die mit den Fachleuten zusammenarbeiteten, suchten im Auftrag der LWL-Archäologen das Gelände nach Metallfunden ab.

Suchschnitt

Suchschnitt

Was als vager Verdacht begann, wurde im Laufe weniger Wochen zur Gewissheit: Es handelte sich tatsächlich um ein römisches Militärlager. Die Archäologen können den Spitzgraben, der die Anlage umgab, ebenso nachweisen wie die Fundamentspuren einer Holz-Erde-Mauer. Einzelfunde römischer Keramik, über 100 Münzen und Gewandspangen lassen eine sehr genaue Datierung des Lagers in die Zeit des Kaisers Augustus zu. Das Lager hatte eine Ausdehnung von zirka 230 mal 250 Metern. Es ist damit im Vergleich zu anderen römischen Lippelagern eine kleinere Anlage mit festen Baustrukturen.

Versorgungslager und Etappenstation

Die Größe des Lagers, die Beschaffenheit der Holz-Erde-Mauer und die Lage an der Lippe lassen die Wissenschaftler vermuten, dass es sich um ein Versorgungslager handelt, also eine Anlage, in der Nachschub bevorratet und gleichzeitig der Lippe-Übergang kontrolliert wurde. Das Lager Olfen könnte als Etappenstation zu den zirka 20 Kilometer entfernten Militärlagern in Beckinghausen und Oberaden gedient haben. Die Römer versorgten ihre Truppen hauptsächlich über den Wasserweg – hierzu mussten die Schiffe allerdings die Lippe flussaufwärts getreidelt, das heißt vom Ufer aus von Menschen oder Zugtieren gegen den Strom gezogen werden. Niedrigwasser an der Lippefurt bei Olfen konnte eine Weiterfahrt für die Plattbodenschiffe unmöglich machen und eine Zwischenlagerung der Waren nötig werden lassen. Maximal zwei Kohorten, ungefähr 1.000 Legionäre, könnten in Olfen stationiert gewesen sein – bis das Lager vermutlich nach rund vier Jahren wieder aufgegeben wurde.

Nicht nur historisch, sondern auch archäologisch ist der Fund vielversprechend: Denn nur in wenigen Fällen blieb das Gelände eines Römerlagers von moderner Überbauung nahezu verschont. „Das Denkmal dürfte daher seit über 2.000 Jahren weitgehend ungestört im Boden liegen – eine absolute Seltenheit und aus archäologischer Sicht absolut ideal. Unser wichtigstes Anliegen ist es, dieses Denkmal zu schützen und für die Zukunft zu erhalten – und nicht, es möglichst schnell komplett zu ergraben“, meint Rind. Die Erforschung des Lagers werde wahrscheinlich einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Pressemitteilung