Die aktuelle Ausgabe der PRISMA Beilage vom 03.Sept. 2010 (ein Hinweis von Christian Hinder) enthält einen interessanten Beitrag zum Thema Varusschlacht, der online unter http://www.prisma.de/thema.2010_35_wer_die_germanen_stoert.html verfügbar ist.
Es geht um die Aufarbeitung des Varus-Jahres und die zahlreichen Veröffentlichungen. Drei Beispiele werden gebracht:
Am Anfang vom Ende stand eine Verführung. Varus ließ sich von Arminius zu einer, sagen wir, „germanischen Nacht“ bezirzen und kam darin um. Diese Auffassung vertritt Wilm Brepohl in einem Büchlein, das im großen Arminius-Varus-Jahr 2009 mit seinen zahlreichen Publikationen zu diesem Thema ein wenig untergegangen ist: „Neue Überlegungen zur Varusschlacht“.
Aber auch sonst kommen die Deutschen von ihrer ins Germanentum vorverlegten Geburtsstunde nicht recht los. Der Historiker Peter Kehne rechnet – in den „Lippischen Mitteilungen“ – mit so ziemlich allem ab, was zum Bimillennium der Schlacht veröffentlicht wurde und verwirft überdies die These, bei Kalkriese im Wiehengebirge könne es sich um einen Schauplatz der Schlacht handeln.
Schließlich untermauert Dr. Rudolf Aßkamp, Direktor des Römermuseums in Haltern, in einer neuen Broschüre des Landesverbandes Westfalen-Lippe seine Vermutung, das römische Militärlager in Haltern sei mit der legendären, weil nie lokalisierten Römerstadt Aliso identisch. Neben zahlreichen, oft kleinformatigen Fundstücken wird dies vor allem durch die Übereinstimmung von schriftlicher Überlieferung und archäologischer Ausgrabung bestätigt. Aliso, sagen die Quellen, wurde im Winter der Jahre 9 und 10 von den Germanen belagert. Genau das war, wie Archäologen nachweisen können, in Haltern der Fall.
Anzumerken ist, dass der zu Haltern von Aßkamp genannte jahrgenaue Belagerungsbefund ausgesprochen fragwürdig ist. Die verfügbaren Methoden sind nicht so genau. Auch passen die Überlieferungen contra Aßkamp nicht gut zu Haltern als dem Lager Aliso. Die beste Analyse zu Aliso stammt immer noch von Paul Höfer.
Kenes Aussagen zu Kalkriese stellen die aktuelle Fundsituation deutlich dar:
Sodann wendet er sich dem vermeintlichen Schlachtschauplatz Kalkriese zu, der 1885 von Groß-Historiker Theodor Mommsen durch eine, wie sich damals schon bald erwies, fehlerhafte Auslegung von Münzfunden in einen Zusammenhang mit der Varusschlacht gerückt wurde.
Ähnliches widerfuhr Kalkriese, als 1987/88 ein Amateur-Ärchäologe neue Funde machte.
Kehne vermisst unter diesem Material allerdings jeglichen Hinweis auf die Varus-Legionen 19, 18 und 17, die im Sommer des Jahres 9 bis an die Weser vorgerückt waren und auf dem Rückmarsch ins linksrheinische Winterlager von Arminius zerrieben wurden.
Weiter vermisst er in Kalkriese jegliche Spur der Marterkreuze, Opfergruben und des Grabhügels, die vom Feldherrn und Kaiser-Kandidaten Germanicus im Jahre 16 aus Pietät am Schlachtort angelegt worden waren. Was die gefundenen Knochenreste angeht, summieren sie sich auf 17 Individuen; wenig für eine Schlacht.
Quintessenz: Das Thema bleibt weiterhin aktuell!